Oldtimer Traktor T.W. van Urk Shutterstock.comOldtimer Traktor T.W. van Urk Shutterstock.com

Wenn der Winter vorbei ist, rattern sie wieder auf den Feldern, Wiesen, Höfen und auf den sie verbindenden Landstrassen: die grossen und kleinen, alten und neuen Traktoren. In einem Leben, in dem alles auf Geschwindigkeit und Eile setzt, wirken Traktoren nicht selten wie Relikte aus einer vergangenen, viel langsameren Zeit.

Was uns dann manchmal in der Hektik des Alltags stört, wird auf den zahlreichen Traktorentreffen zum Stelldichein von Kraft und Geschichte – Events mit richtig viel PS und dennoch einer urgemütlich entschleunigten Atmosphäre und einem ganz eigenen Stil.

Motor-Geschichte(n) zum Anfassen

Sie heissen Lanz, Deutz, Bührer, Ursus und sind für den besonderen Tag auf Hochglanz poliert, um sich in ihren Lieblingsfarben Rot, Grün, Blau oder Schwarz von ihrer besten Seite zu präsentieren. Auch Gelb oder Braun gehören zum bunten Stelldichein der alten und manchmal nicht ganz so alten Traktoren, die von ihren Besitzern auf der Traktorenschau den Gleichgesinnten und Besuchern stolz vorgeführt werden. Was alle Landmaschinen auf den Traktorentreffen verbindet, ist die Liebe zum Detail, oftmals noch die volle Funktionalität und vor allem die Ansammlung schierer Kraft auf vier grossen Rädern.

Während sich die Autoliebhaber auf dem Genfer Autosalon mit der Mobilität in ihrer aktuellen Form befassen, greifen die Besucher der Oldtimer-Traktorentreffen gern mal auch unter die Haube, schnuppern die dieselschwere Landluft und freuen sich auf die grosse Traktorenausfahrt, auf der all die alten Schätzchen im vollen Betrieb zeigen, was sie noch können. Dabei geht es bei den Traktorentreffen in der Schweiz selten nur um eine reine Leistungsschau. Viel wichtiger sind Geschichte und Geschichten, die jeder Traktor mitbringt und auf seine ganz eigene Weise erzählen kann.

Leben auf dem Lande wird für Stadtmenschen greifbar

Viele Traktorentreffen finden in Verbindung mit einem Dorffest statt, sodass nicht einfach nur die Versammlung geballter Kraft Thema ist. Das Leben auf dem Lande wird hier vor allem für eingefleischte Stadtmenschen interessant. Neben den PS-starken, teils bulligen, teils fast schon verspielten Traktoren erwarten den Besucher oftmals interessante Stände, die das Leben in früheren Zeiten anschaulich und durchaus auch zum Anfassen wiederaufleben lassen. Da trifft die Spinnerin auf den Holzschnitzer und der Gastwirt schenkt sein Bier unter freiem Himmel aus. Direkt daneben glüht der Rost. Und anderswo auf dem weitläufigen Gelände wird gezeigt, wie vor Jahrzehnten das Getreide gedroschen wurde.

Spätestens am Abend spielt dann im Festzelt die Kapelle auf. Es ist höchste Zeit, Traktoren und Maschinen zu vergessen und nur noch an Spass und Genuss auf dem ländlichen Dorffest zu denken. Am besten beim Schunkeln und Tanzen mit der Partnerin im Arm und den Erinnerungen im Kopf. Nicht selten wird dann die eine oder andere Liebste mit dem guten alten Traktor direkt vor das Festzelt gefahren. Authentischer kann sich das Landleben kaum präsentieren.

Ein Spass für die ganze Familie

Es soll Frauen geben, die von Traktoren und Landmaschinen nicht viel halten. Die meisten Männer sind angesichts der geballten Kraft ohnehin begeistert. Die Kleinen finden hier nicht nur jede Menge wohlgeformtes Blech, riesig erscheinende Räder und ölverschmierte Motoren, die sich auch prima mal anfassen lassen, sondern auch viel Abwechslung. Oft locken Hüpfburgen, Planschbecken, Sandkästen und vielerlei anderes Spielgerät zum Zeitvertreib ein. Und während Mann sich an den alten, aber robusten Schätzchen kaum sattsehen kann, findet Frau dann doch das eine oder andere Plätzchen mit interessanten Details aus dem Leben der Dorffrauen.

Irgendwann trifft dann die ganze Familie wieder zusammen. Nicht selten schwelgt man dann von den Möglichkeiten des Lebens auf dem Lande, träumt vielleicht sogar vom eigenen Haus und Hof. Dort müsste natürlich auch so ein alter Traktor für die typische Stimmung sorgen. Dabei ist den meisten Besuchern der Traktorentreffen klar, dass das Leben auf dem Lande gestern und heute nicht nur mit Naturromantik und Freiheit, sondern auch mit Verzicht, einem Stück Einsamkeit und vor allem mit Arbeit verbunden ist. Da schaut man sich dann doch lieber die frisch gestrichenen Traktoren und andere Maschinen, Geräte, Werkzeuge und Anlagen des Landlebens für begrenzte Zeit an. Nach einigen Stunden Nostalgie und familiärem Spass kehrt man dann wieder in den gewohnten Trubel der Moderne zurück.

Mehr als nur eine aufregende Show

Für die Organisatoren sind die Traktorentreffen mehr als nur eine PS-stark Show, die vor allem von den urtümlichen PS-Monstern dominiert werden. Hier finden sich auch Möglichkeiten für den Erfahrungsaustausch. Gelebte Geschichte wird wieder lebendig und die Selbstdarstellung des Landlebens ist kaum zu überbieten. Das trifft auch so manches Sponsorenherz. Landmaschinenhändler, Landwirte, lebensmittelverarbeitende Unternehmen, Futter- und Saatgutlieferanten nutzen solch ein Traktorentreffen natürlich ganz gern in eigener Sache. Gelegenheit also auch für die eine oder andere Fachsimpelei und für den Vertragsabschluss direkt auf der Wiese – mit gutem altem Handschlag natürlich. Und der funktioniert auf dem Lande nicht nur bei der Begrüssung, sondern eben auch als die persönlichste Form des Handels unter Eingeweihten. So wird aus dem Traktoren-Treff ganz schnell eine Leistungs- und Verkaufsschau der Landwirtschaft und vieler mit ihr verbundener Wirtschaftszweige.

 

Oberstes Bild: © T.W. van Urk – Shutterstock.com